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Holzbrücken im Emmental

Sie gehören zum Emmental wie die grünen Hügel, der berühmte Käse oder die schönen Bauernhäuser aus Holz. Gemeint sind die Holzbrücken, von denen es viele alte, aber auch einige ganz neue gibt. Ein neues Buch ist ihnen gewidmet.

Holzbrücken im Emmental

Hanspeter Buholzer und Daniel Fuchs (Bilder): Holzbrücken im Emmental

Von einer der ältesten Holzbrücken des Emmentals ist leider nur noch ein Teil erhalten geblieben. Es ist die Lützelflühbrücke, von der heute eines der beiden Portale vor der Kulturmühle steht. Die im Jahre 1584 erbaute Brücke hat vieles erlebt, so die Wassernot von 1837. Die «Emmenschlange», die manche Brücke des Emmentals zerstörte, beschädigte auch die massiv gebaute Lützelflühbrücke, riss sie aber nicht mit. Und natürlich wird das Bauwerk mit dem berühmten Dichter des Dorfes, Jeremias Gotthelf, in Verbindung gebracht. Er erwähnte sie in seiner Beschreibung der Wassernot und wird so manchen Gang über diese Brücke getan haben. Seinetwegen wurde die Brücke im Winter während einer Stunde am Abend mit einer Laterne erleuchtet. Damit sollte verhindert werden, dass böse Buben dem berühmten Pfarrer nachstellten.

32 Brücken auf 214 Seiten
Die Geschichte der Lützelflühbrücke kann in einem neuen Buch von Hanspeter Buholzer nachgelesen werden, das dieser Tage in die Läden kommt. Auf 214 Seiten beschreibt der Verfasser 32 alte, aber auch neue Brücken des Emmentals. Eingeleitet wird der reich bebilderte Band mit einem historischen Überblick und der Technik des Holzbrückenbaus. Ein Anhang stellt weitere, überdachte Holzbrücken der Schweiz vor. Hanspeter Buholzer hat für sein neues Buch das grosszügige A4-Format gewählt, damit die zahlreichen Fotografien von Daniel Fuchs zur Geltung kommen.

Alte Fotografie zeigt Lützelflühbrücke
Kehren wir noch einmal zur Lützelflühbrücke zurück. Über 300 Jahre tat sie ihren Dienst. Dann wurde die Holzkonstruktion ersetzt durch eine Eisenbrücke, die rasch zu rosten begann, wie im Buch nachzulesen ist. Sie musste schon bald einer Betonbrücke Platz weichen, über die wir heute gehen, wenn wir von einem in den anderen Dorfteil gelangen wollen. Erfreulicherweise existiert eine Fotografie aus den letzten Tage der Holzbrücke, die sehr schön zeigt, wie sie ausgesehen hat! Erhöht im Hintergrund ist die Kirche von Lützelflüh zu sehen. Und im Vordergrund ein Brunnen, um den einige Kinder stehen und erwartungsvoll in die Kamera blicken.

Hanspeter Buholzer und Daniel Fuchs (Bilder): «Holzbrücken im Emmental» (214 Seiten, ISBN 978-3-905980-30-1). Das Buch kostet 48 Franken und ist im Buchhandel, im Regionalmuseum Langnau oder online unter www.holzbrueckenimemmental.ch erhältlich.

» Holzbrückenweg im oberen Emmental

Ein Vulkan beflügelte die Käsewirtschaft

Kehren wir noch einmal zurück in das Jahr 1816, in weiten Teilen Europas herrschte wegen des nasskalten Wetters der Hunger. In seinem neuen Roman «In einem kalten Land» beschreibt Werner Adams einige Einzelschicksale aus dieser Zeit im Berner Seeland. In dieselbe Zeit, in das Jahr 1815, fällt auch die Gründung der ersten Talkäserei des Kantons Bern. Sie wurde auf Initiative des Berner Patriziers Rudolf Emanuel Effinger von Wildegg in Kiesen gegründet. Das nationale milchwirtschaftliche Museum in Kiesen erzählt von dieser Gründungszeit und darüber, wie Käse vor 200 Jahren hergestellt wurde.

In der Festschrift zum zweihundert-jährigen Jubiläum kommt auch Herbert Riem, der Geschäftsführer der Weinkellerei Riem, Daepp & Co. zu Wort. Seine Vorfahren haben die Gründung der Käserei miterlebt. Die Gründungszeit sei eine turbulente Epoche gewesen, berichtet der Unternehmer. Gerade sei Napoleon mit seinen Truppen abgezogen nachdem er 1798 in die Schweiz eingefallen war und den Berner Staatsschatz geplündert habe. Im Jahr 1815 endete Naopleons Herrschaft nach der Niederlage bei Waterloo endgültig, nach Kriegswirren war der Weg frei, Europa neu zu ordnen und zu befrieden. Und dann geschah etwas, das gemäss Herbert Riem die Gründung neuer Talkäsereien begünstigte: Vom 5. bis zum 10. April 1815 kam es zu teils heftigen Ausbrüchen des Vulkans Tambora in Indonesien. Grosse Mengen Staub und Schwefel gelangten in die Stratosphäre und veränderten das Klima. Das Hungerjahr 1816 ist eine direkte Folge dieses Vulkanausbruchs.

Effingers Idee, Talkäsereien zu gründen, kam gemäss Herbert Riem gerade recht, denn «das Gras, die Futtergrundlage für das Vieh, wuchs munter weiter, während das Getreide und die Kartoffeln verdarben.» Also haben man Kühe besorgt und aus der Milch haltbaren Käse hergestellt.
In den folgenden Jahren erlebten die Berner Talkäsereien einen beispiellosen Aufschwung, das «Käsefieber» brach aus, wie Jeremias Gotthelf in seiner heiteren Erzählung «Die Käserei in der Vehfreude» schreibt. Die Boomjahre dauerten bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts, als der Wiener Börsenkrach von 1873 dem Käsefieber ein jähes Ende bereitete. Fortan war es zwar immer noch möglich, mit Käseexporten gutes Geld zu verdienen. Zunehmende Konkurrenz und Kriege vor und nach der Jahrhundertwende erschwerten aber den Export.

» Nationales milchwirtschaftliches Museum Kiesen