Das Emmental als Burgenland

«Geschichte hat mich schon immer interessiert», erklärte Jonas Glanzmann bei einem Vortrag in der Rüderswiler Pfrundscheune. Er nahm eine Einladung der Kirchgemeinde an und blickte bei seinem rund 90 Minuten dauernden Referat tief in die Vergangenheit des Emmentals. Begonnen habe sein Interesse für Geschichte schon in der Jugend, als er in Bachläufen Gold wusch. Seine Aufmerksamkeit habe dann aber nicht nur das begehrte Edelmetall geweckt, sondern auch verschiedene alte Gegenstände, die er im Bachbett entdeckte. «Da hat es mich gepackt» gestand der Geschichtsforscher.

Burgstelle entdeckt
Das Dorf Rüderswil ist Jonas Glanzmann in guter Erinnerung, denn vor zwei Jahren entdeckte er im Feld eine bisher unbekannte Burgstelle. Wie aber kam es zu diesem aussergewöhnlichen Fund? Jonas Glanzmann: «Ich habe eine Karte aus dem Jahr 1727 betrachtet. Am linken Emme­ufer, ungefähr gegenüber von Ranflüh, ist mir dann die Bezeichnung ‹Schloss Knubel› aufgefallen.». Der Forscher aus Thun begab sich zu der markierten Stelle und konnte tatsächlich eine Burgstelle aus dem 7. oder 8. Jahrhundert nachweisen. Gemäss Glanzmann fällt die Burg damit in die Zeit der allemannischen Besiedlung und ist ein Indiz dafür, dass Rüderswil älter ist, als bisher angenommen.

1000 Jahre alte Schenkungsurkunde
Fesseln konnte der Thuner Historiker die Zuhörer auch mit seinen Ausführungen zum Weiler Doggelbrunnen. Dieser wird schon im Jahre 1004 in einer Schenkungsurkunde des Lenzolo erwähnt. Bis heute sind beim Doggelbrunnen Schanzanlagen zu erkennen, die Zeuge dafür sind, dass hier einst eine frühmittelalterliche Burg stand. «Eine Burg ist ein befestigter Wohnsitz, der einem Angehörigen des niederen Adels gehörte« erklärte Glanzmann und zeigte auch Bilder, die einen Eindruck davon vermittelten, wie die aus Holz gebauten Wohn- und Wirtschaftsgebäude ausgesehen haben könnten. Zu der Anlage dürfte auch eine Letzi gehört haben, eine Talsperre also, mit der die Passage kontrolliert werden konnte. Zur damaligen Zeit war der Emmenschachen grösstenteils nicht begehbar, da er sumpfig und oft überschwemmt war. Deshalb führten die ersten Wege durch das Emmental über die Terassen und Eggen.

Weiler DoggelbrunnenBlick auf den Doggelbrunnen (Bild: Google Earth)

Von Norden nach Süden
Es ist gerade das alte Wegsystem des Emmentals, dem Jonas Glanzmann grosse Aufmerksamkeit schenkt. Auf einer Karte zeigte er, wie die politischen Machtverhältnisse im frühen Mittelalter waren. Das Emmental befand ich im Einflussbereich der Burgunder im Westen, aber auch der schwäbischen Machthaber. Das Emmental bot sich damals für einen alternativen Nord-Süd Transit an, was gut erkennbar wird, wenn auf einer Karte die Standorte alter Kirchen und Burgen eingezeichnet werden. Glanzmann markierte die Ortschaften mit verschiedenen Farben, so dass deutlich zu erkennen ist, wie alle Standorte sich auf ein Wegsystem ausrichten. «Burgen wurden nicht einfach irgendwo gebaut» erklärte Glanzmann dazu. Sie seien vielmehr dort entstanden, wo die strategische Lage günstig war. Und stets in unmittelbarer Nähe eines wichtigen Verkehrsweges.

Das Emmental habe eine erstaunlich hohe Dichte an Burgen gehabt, resumierte Jonas Glanzmann. Der Forscher bleibt gemäss eigenen Angaben auch weiterhin auf den Spuren der Vergangenheit in der Region. Sicher wird Jonas Glanzmann noch für einige Überraschungen sorgen. Sein neues Buch, «EINE LANDSCHAFT ERZÄHLT GESCHICHTE», wird im kommenden April erscheinen.

Weitere Infos: www.historiarum.ch

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