Archiv für den Monat: Mai 2011

Linux Tool der Woche: Cone

Mit meinem ersten Internetzugang im Jahr 1993 war das Senden und Empfangen von E-Mails nicht nur die einzige Internet-Anwendung – das World Wide Web gab es noch nicht. E-Mail war längst nicht so einfach und schnell wie heute. Ausgerüstet mit einem 9600bps Modem musste ich mich mit einer Telnet Sitzung bei einem Provider in Bern anmelden, was nicht immer auf Anhieb klappte. Und hin und wieder wurde die Verbindung im alles entscheidenden Moment unterbrochen. Murphy lässt grüssen…

Elm Einstellungen

Sobald die Verbindung aufgebaut war und die LED’s am Modem flackerten, wurde ich freundlich von einem Shell-Prompt begrüsst ($>) und konnte mit dem Kommando «elm» das E-Mail Programm starten. Elm (Electronic Mail) war eines der ersten Mailprogramme, das durchgehend menugesteuert war. So musste man die bei den «Vorfahren» von Elm üblichen Kommandos nicht lernen – damals galt das als klarer Vorteil! Mit Elm können ganz einfach und interaktiv Mails ausgewählt, gelesen, beantwortet und archiviert werden. Der Ahne von Thunderbird und Evolution verfügt sogar über eine Seite, auf der alle wichtigen Einstellungen des Programmes angezeigt und verändert werden können. Darüber hinaus bietet Elm einige Features, die bereits an moderne MUA (Mail User Agents) erinnern: etwa das Einbinden einer Kalender-Datei.

Warum spreche ich nun über Elm, obwohl doch ein anderes Programm Linux Tool der Woche ist? Ganz einfach, Elm stand in direkter Linie Pate für mehrere textbasierte MUA’s, die sich auch heute noch grosser Beliebtheit erfreuen. Und zu diesen zählt neben PINE (heute: ALPINE) und Mutt auch Cone. Alle drei wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt, sie untestützen POP3 und IMAP, können mit MIME-Mails umgehen und zeigen – mit Einschränkungen – auch HTML formatierte Nachrichten an. Warum aber gerade Cone? Weil Cone in bezug auf Umfang und Bedienung der einfachste Vertreter der Gattung ist. Cone kann mit wenigen Schritten zu einem vollwertigen IMAP-Client gemacht werden. Die dafür erforderlichen Einstellungen lassen sich bequem und sehr einfach über Dialoge erfassen. Und wer trotzdem nicht weiterkommt, findet in der Mailbox «Help» detaillierte Hilfeseiten.

Cone Ordnerliste

Wer auf eine Bedienung ohne Maus wert legt, wird an Cone seine Freude haben. Das programm kennt mehrere, geschickt gewählte Tastenkombinationen, die ausserdem in allen Teilen des Programmes ihre Funktion beibehalten. Wird Cone in eine Farbterminal gestartet, zeigt es sich zudem fröhlich bunt. Wem die Farben nicht zusagen, der kann sie im Hauptmenu verändern.

Welches sind nach der Installation die ersten Schritte mit Cone? Zu Beginn geht es darum, auf eine POP3 oder – besser – auf eine IMAP Mailbox zuzugreifen. Dazu wird im Hauptmenu die Option «N – NEW ACCOUNT» gewählt und dann der Typ der neuen Mailbox bestimmt:

Im dritten und letzten Schritt fragt Cone nach den Parametern für die Mailbox: Server, Login, Passwort und Verschlüsselung. Sind alle Parameter eingetragen, werden diese von Cone durch ein Test-Login geprüft. Das ist praktisch, da man so den Dialog bei fehlerhaften Daten nicht mehrfach aufrufen muss! Sofort nach dem erfolgreichen Login wechselt Cone in die Übersicht der neuen Mailbox. Angezeigt werden die Anzahl der neuen und gelesenen Mails, die zum Konto gehörenden Ordner und der Typ der Mailbox. Nach alter Väter Sitte wird nun der Cursor auf den gewünschten Eintrag positioniert und mit der Zeilenschaltung wechselt die Ansicht zur Liste der Mails. Zu jeder Nachricht werden Absender, Datum, Grösse und Betreff angezeigt. Flags in Form einzelner Buchstaben zeigen ausserdem den Status der Nachricht: N steht für Neu, R für beantwortet, x für Gelöscht, usw.

Am unteren Rand zeigt Cone ein Menu mit den verfügbaren Funktionen. Meist haben nicht alle auf dem Bildschirm Platz, deshalb wurden sie in zwei oder mehr Seiten aufgeteilt, zwischen denen mit Ctrl+O umgeschaltet werden kann. Natürlich sind auch die die Kürzel der englischen Sprache angepasst: [R]eply, [C]opy, [D]elete, [T]ake Address, etc. Das mag im ersten Moment etwas verstaubt wirken. aber wer sich an das Konzept gewöhnt hat, arbeitet mit Cone rasend schnell. Selbst Linus Torwalds schätzt bis heute die textbasierten Programme, er verwendet PINE.

Anzeige einer Nachricht

Apropos Adressen: Ähnlich wie bei PINE können E-Mail Adressen sehr einfach aus einer Nachricht im Adressbuch gespeichert werden. Und das geht so: In der Nachricht oder Übersicht Take Address wählen, die Adresse und das zu verwendenden Adressbuch wählen, einen Kurznamen bestimmen – fertig.

Beim Verfassen einer Nachricht fallen einige Besonderheiten in’s Auge: Cone bietet einen integrierten Editor, der auch Blockoperationen und eine Funktion zum Formatieren des Textes kennt! Auch PGP wird unterstützt, Cone kann neben Verschlüsseln und Signieren auch verschiedene Public Keys in die Nachricht einfügen. Die PGP Integration in Cone verdient das Prädikat wertvoll.

Mit «Full Headers» können während dem Verfassen alle Headerzeilen der Nachricht angezeigt und – ungewöhlich – bearbeitet werden. Wird eine Zeile im Header verändert, fragt Cone nach dem Senden, ob die Aenderung im Header für neue Mails beibehalten werden soll. Ist die Nachricht fertig verfassst, kann sie mit Ctrl-X versandt oder mit Ctrl+O zwischengespeichert werden. Im Gegensatz zu PINE geht Cone per Vorgabe davon aus, dass versandte Mail zusätzlich in einem IMAP Ordner gespeichert werden sollen.

Was gibt es noch zu sagen zu diesem kleinen, aber sehr praktischen Tool? Natürlich kann mit lokalen Mail Ordner gearbeitet werden. Cone steht hier voll und ganz in der Tradition der alten UNIX-Mailer. Und natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass Cone alle Dateien und Einstellungen in einem eigenen Ordner ablegt. Wer will. kann die Einestellungen des Programmes auch mit einem Texteditor bearbeiten. UNIX eben.

Über die Migräne

Hin und wieder vernachlässige ich meinen Blog; während Tagen, Wochen oder gar Monaten. Der Grund für diese Pausen ist schlicht der, dass es mir an Ideen fehlt. Das Interesse am Bloggen habe ich durchaus nicht verloren. Oder es fehlt mir – wie so vielen Menschen – an Zeit. Und schliesslich gibt es Momente, die ich sehr gerne mit Schreiben ausfüllen würde, allein ich kann gerade dann nicht. Der Grund dafür ist ein Beschwernis, das mich schon seit meiner Kindheit treu begleitet: die Migräne.
Nun ist in Lehrbüchern, Magazinen und in der medizinischen Fachliteratur schon sehr viel über diese Volkskrankheit geschrieben worden. Und daher ist es müssig, dass ich mich als medizinischer Laie auch noch darüber äussere. Dennoch möchte ich auf den folgenden Zeilen den Schmerz kurz skizzieren, so wie er sich bei mir seit 35 Jahren äussert. Und ich möchte davon berichten, wie es mir gelungen ist, mit diesem Schmerz zu leben und die Zahl der Anfälle niedrig zu halten.

Ein Anfall dauert in der Regel zwischen 20 und 25 Stunden, er kann sich ab er auch bis zu 30 Stunden hinziehen oder – leider in seltenen Fällen – kürzer sein. Begleitet wird das Unwetter im Kopf von den bekannten und gut dokumentierten Symptomen: Übelkeit, Schwindel, Lichtempfindlichkeit und ein trockener Gaumen. Die Belastbarkeit des Körpers wie des Geistes ist bei einem schweren Anfall massiv eingeschränkt. Manchmal sind die Symptome so stark, dass die Migräne nur liegend in einem dunklen Raum einigermassen zu ertragen ist. Bei starken Schmerzen ist auch Arbeiten nicht mehr möglich. Einigen Stunden arbeiten kann ich jedoch bei einem weniger intensiven Anfall, wenn auch nur eingeschränkt.

So wie sich ein nahendes Gewitter durch dunkle Wolken am Horizont ankündigt, hat auch die Migräne ihre Vorboten, die auf ein nahendes Blitzen und Donnern im Kopf hinweisen. Benommenheit, leichter Schwindel und innere Unruhe stellen sich ein. Die Nervosität nimmt zu, während die Konzentrationsfähigkeit nachlässt. Bald darauf ist der erste, dumpfe aber noch leichte Schmerz im Kopf spürbar. Er wird stärker und erreicht nach ein bis zwei Stunden das Vollbild der Migräne: ein sehr intensiver, pulsierender und pochender Schmerz, der bis in den Nacken ausstrahlt und den ganzen Körper lähmt. Am stärksten ist der Schmerz direkt hinter den Augen. Nach rund drei bis vier Stunden erfolgt dann eine Verlagerung des jetzt stark hämmernden Schmerzes auf die eine Seite des Schädels, wobei das Zentrum noch immer direkt hinter dem Auge liegt. Von dieser Verlagerung auf eine Kopfseite hat die Migräne ihren Namen: hemi-kranion ist griechisch und heisst übersetzt: halber Schädel. In der nun erreichten Intensität setzt sich der Schmerz für weitere 10 bis 15 Stunden fort, um dann langsam abzuklingen. Anschliessend wird die Migräne abgelöst von einem entspannten Wohlgefühl und von Erleichterung. Manchmal gefolgt von einer ausgeprägten Hochstimmung!
Soweit also der Verlauf der Migräne. Ich sollte vielleicht noch anfügen, dass ich nie Auras oder Sehstörungen habe. Oliver Sacks bezeichnet diese Form der Migräne in seinen ausgezeichneten Buch «Migräne» als einfache Migräne.

Oliver Sacks: Migräne

Ausgelöst wird eine Migräne durch Stress, Ärger, Überarbeitung, Alkohol oder Lärm. Ebenso durch zu viel Sonnenlicht, unregelmässiges Schlafen und – besonders heimtückisch – durch Entspannen von der Arbeit am Wochenende.
Wie bei so vielen Problemen ist auch bei der Migräne falsche Ernährung ein wichtiger Trigger (Auslöser), dem viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte! Was aber heisst das konkret? Es lässt sich zusammenfassen mit einem Rat der sieben Weisen: nichts im Übermass! Das heisst, dass auch die «üblichen Verdächtigen» wie Schokolade, Käse, Fleisch oder scharfe Speisen kein Problem sein müssen, solange sie mit gesundem Mass genossen werden …wenigstens in meinem Fall ist das so! Auf Fleisch verzichte ich wann immer möglich, denn ich fühle mich dadurch wohler und beweglicher. Aber wie steht es mit Alkohol? Er verdient den Titel eines Migräneauslösers ersten Grades! Lediglich beim Essen ein (und wirklich nur ein) Glas Rotwein ist einigermassen gefahrenlos. Möglicherweise wird erst im zweiten Moment deutlich, dass dies eine gute Nachricht ist…

Was Tabak und andere Drogen betrifft, so sind Migräniker (und nicht nur diese) gut beraten, wenn sie ganz verzichten.

Was ist zu tun, wenn eine Migräneattacke sich ankündigt? Am besten rasch eine Pause machen und viel trinken, am besten kühles Wasser oder Cola, vielleicht auch etwas Bohnenkaffee. Wie bei den Auslösern ist die Wirksamkeit dieser Mittel bei jedem Patienten etwas anders. Helfen kann in dieser Phase auch ein Eisbeutel auf dem Kopf (ein nasser Wöschplätz tut’s auch) oder das älteste bekannte Mittel gegen Migräne: Niesspulver!

Nun folgt das wichtigste: wer regelmässig an Migräne leidet, soll ja muss zum Arzt gehen, bevor zu Schmerzmitteln aus der Apotheke gegriffen wird. Falsch angewendet können diese mehr schaden als nützen und in eine Abhängigkeit führen.

Kann helfen: Pestwurz (Quelle: E. Blasutto/Wikipedia)

Manche Menschen haben Glück und werden im Laufe ihres Lebens ganz von der Migräne geheilt. Bei anderen verändert sich das Migränebild mit den Jahren und wieder anderen gelingt es, durch einen Massnahmenkatalog die Zahl der Anfälle deutlich zu reduzieren. Ich zähle mich (wie vermutlich die meisten «Opfer») zur dritten Gruppe und möchte nun darüber berichten, welche vorbeugenden Mittel mir geholfen haben. Zwei Dingen sind dabei wichtig: zum ersten dürfen sie nicht als allgemein gültige Heilmittel verstanden werden. Mir haben sie geholfen, jemand anders hat damit vielleicht keinen Erfolg oder kann sie gar nicht erst anwenden. Das Erarbeiten eines passenden Massnahmekataloges dauert meist nicht Wochen, sondern Monate oder Jahre. Und zum zweiten: ein einzelnes Wundermittel gegen die Migräne gibt es nicht. Eine erfolgreiche Migränetherapie muss den Menschen als Ganzes im Blickfeld behalten und auf das Wesen, das Gesundheitsbild und auf individuelle Merkmale eingehen. Die Therapie entwickelt dann einen Katalog aus Massnahmen, von denen einige Medikamente zur Prophylaxe sein können.
Ein anderer Teil kann darin bestehen, einige Lebensgewohnheiten anzupassen. Ein Beispiel: Entschleunigung und ewas mehr Gelassenheit im Alltag lösen die Anspannung und mindern das Migränerisiko. Ich weiss, das ist locker dahergesagt, aber in der Praxis schwer durchzuhalten. Es braucht zum Erfolg zweierlei: Üben! Und bei Rückschlägen nicht entmutigen lassen.

Der moderne (!) Mensch neigt dazu, zu wenig zu trinken. Und wer seinen Körper austrocknen lässt, bekommt eher früher als später Kopfweh. Eine weitere Regel zur Eindämmung lautet deshalb: regelmässig Wasser trinken. Noch bevor der Durst sich einstellt. Hier sind einige weitere Massnahmen, die zu meinem Katalog gehören:

Kondition. Ich glaube, dass es einen direkten Kausalzusammenhang zwischen Migräne und körperlicher Fitness gibt. Jedenfalls gelingt es mir, die Anzahl der Attacken (dieser Begriff ist keine Übertreibung) durch regelmässiges Konditionstraining drastisch zu reduzieren. Es braucht dazu keine sportlichen Höchstleistungen. Ein regelmässiges, leichtes Lauftraining genügt schon, wobei die Regelmässigkeit ebenso wichtig ist wie der Sport selbst. Mir hilft ein Lauftraining, das rund 30 Minuten dauert und sich jeden zweiten Tag wiederholt.

Magnesium. Flüssigkeitsmangel als Auslöser wurde schon erwähnt. Nun muss von einem zweiten, nicht minder prominenten Trigger die Rede sein: Magnesium- und Eisenmangel. Diese führen bekannterweise zu Kopfschmerzen und werden in kaum einem Fachbuch zu diesem Thema ausgelassen. So kann ein Magnesiumpräparat aus der Apotheke als erstes Medikament zur Vorbeugung ausprobiert werden. Auch hier gilt: mehrere Wochen testen, frühestens dann kann über die Wirksamkeit eine Aussage gemacht werden.

Regelmässiger Schlaf. Das Schlafverhalten hat auf unsere Gesundheit einen entscheidenden Einfluss. Auch ein erwachsener Mensch braucht sieben bis acht Stunden Schlaf pro Tag. Und wer jeden Tag zur selben Zeit seinen Schlaf geniesst, lebt gesünder. Viele Migräniker haben am Wochenende Probleme, wenn sie in eine Entspannungsphase eintreten, dadurch ein Donnerwetter im Kopf auslösen und dann vom ersehnten Wochenende nicht mehr viel haben… Will ich damit dem Ausschlafen am Wochenende den Abschied geben? Auf keinen Fall! Entspannen und Loslassen vom Arbeitsalltag sind nicht nur sehr wichtig sondern auch schön! Das Problem muss von der anderen Seite, also durch Reduktion der Anspannung gelöst werden. Nur so lässt sich die gefürchtete Wochenendmigräne vermeiden.

Medikamente zur Prophylaxe. Um die Anzahl der Anfälle zusätzlich zu reduzieren, bieten sich Medikamente an, von denen einige Naturheilmittel sind. Etwa die Biodoron Tabletten von Weleda. Oder Pestwurz-Medikamente. Wirken diese nicht, bieten sich Beta-Rezeptorenblocker an. Eingenommen werden dürfen diese Medikamente nur in Begleitung eines Spezialisten.

Was aber, wenn die Migräne trotz allen Vorsichtsmassnahmen sich ankündigt und man sich wirklich elend fühlt? Und wegen der Arbeit vielleicht nicht einfach ausruhen kann? Die wirksamsten Medikamente zur Eindämmung sind Triptane, von denen es verschiedene Hersteller und Zusammensetzungen gibt. So muss der Rat wiederholt werden: zusammen mit dem Arzt das passende Notfallpräparat finden. In meinem Fall hilft der Wirkstoff Zolmitriptan (in der Schweiz also «Zomig» erhältlich) von AstraZeneca. Nach der Einnahme baut sich der Schmerz samt aller Nebensymptome nach 30-60 Minuten komplett ab.

Zum Abschluss möchte ich einige bekannte Vorurteile rund um die Migräne vorstellen:

  • Die Migräne ist ein Kopfschmerz. Ja, auch, aber nicht nur. Ein Migräneanfall geht tiefer, er hat Auswirkungen auf den ganzen Körper. Zudem ist eine Migräneattacke wesentlich heftiger und schmerzhafter als etwa ein Spannungskopfschmerz.
  • Nur Frauen haben Migräne. Richtig ist, dass Frauen etwa dreimal häufiger an Migräne leiden als Männer. Quelle: Wikipedia.
  • Migräne ist nur eine Einbildung. Eine Migräne wird begleitet von sehr realen und auch sichtbaren Symptomen: Übelkeit, Erbrechen, veränderte Gesichtsfarbe, etc. Der Schmerz kann so stark werden, dass er nur noch im Liegen einigermassen erträglich ist. Hildegard von Bingen, die regelmässig an Migräne litt, sagte, dass der Schmerz deshalb einseitig sei, da er sonst nicht mehr auszuhalten wäre.
  • Ärzte können auch nicht helfen. Doch, sie können! Gerade in den vergangenen Jahren wurde das medizinische Wissen über die Migräne deutlich erweitert und der Krankheit konnten dadurch einige Geheimnisse entlockt werden. Ärzte nehmen sich für Migränepatienten Zeit und können mit gezielten Therapien helfen, dass die Migräne seltener auftritt oder ganz verschwindet. Passende Medikamente können einen schweren Anfall in weniger als 30 Minuten stoppen.

Mehr Infos zur Migräne: Kopfschmerzen: Ursachen, Arten und natürliche Hausmittel (Primal State)

Nachtrag vom 22. Februar 2021: Oft beginnt eine Migräne Nachts beim Schlafen; mit einem klaren Kopf geht man zu Bett, mit Schmerzen erwacht man in den frühen Morgenstunden! Migräne Patienten berichten, dass Sie um sechs Uhr schmerzfrei sind. Schlafen sie dann noch einmal ein, wachen sie ein bis zwei Stunden später mit Schmerzen wieder auf! Was hier helfen kann: 1. Geregelte Ruhezeit einhalten und nicht am Morgen ausschlafen – ein Schlafbedürfnis kann etwas später nachgeholt werden, zum Beispiel mit einem kurzen Mittagsschlaf (max. 20 Minuten). 2. Manche Patienten berichten, dass ein Bohnenkaffee vor dem Einschlafen hilft, ganz allgemein gilt, dass genügend Flüssigkeit wichtig ist! 3. Schlafzimmer gut lüften. Gerade während der Heizphase im Winter kann die trockene Luft einen Migräneausfall in der Nacht auslösen! 3. Nicht belastet oder mit Angstgefühlen einschlafen; der Schlaf tut gut und schenkt Erholung. Vertrauen Sie darauf, dass Sie am Morgen ausgeruht und mit einem klaren Kopf den neuen Tag begrüssen können.

Begrüssungsfeier für Neuzuzüger

Der Umzug in ein neues Zuhause ist weit mehr als einfach nur der Wechsel des Wohnortes. Der Umzug in eine neue, vielleicht noch fremde Wohngemeinde wird begleitet von vielen Veränderungen im Leben: ein neues Zuhause, an das man sich erst gewöhnen muss. Ein neues und unbekanntes Dorf. Fremde Gesichter, mit denen wir erst nach und nach bekannt werden und aus denen Freundschaften entstehen können. Vielleicht auch eine neue Arbeit und damit einhergehend ein neuer Kollegenkreis. Wer umzieht hat den Wunsch, sich in dieser neuen Lebenswelt bald heimisch zu fühlen; einen kleinen, vertrauten Flecken Erde zu finden, auf dem man sich wohlfühlt und zu dem man immer gerne zurückkehrt.


Blick auf das Dorf Rüderswil

Die Kirchgemeinde mit ihrem vielfältigen Angebot kann den Neuzuzügern helfen, sich im Dorf einzuleben und neue Bekanntschaften anzuknüpfen. Dies sagten sich auch die Ratsmitglieder der Kirchgemeinde Rüderswil und luden am 1. Mai alle frischgebackenen Rüderswiler zu einem Begrüssungsgottesdienst ein. Auf die Besucher wartete an diesem schönen und sonnigen Frühlingsmorgen eine abwechslungsreiche und spannend gestaltete Feier mit viel Musik und Gesang. Mit ihren in englisch gesungenen Gospels überraschten die Celestial Singers und verbreiteten in der festlich geschmückten Kirche einen Hauch nordamerikanischer Begeisterung und strahlender Lebensfreude!

Als «schöns Fläckli Ärde» bewarb die Ratspräsidentin Ruth Blaser in ihrer Begrüssung das Dorf mit seiner Umgebung. Eingebettet in die sanften Emmentaler Hügel hat Rüderswil nicht nur landschaftlich viel zu bieten. Und so vielfältig wie das grüne Hügelland sei auch die Kirchgemeinde mit ihren Aktivitäten, so die Präsidentin. Zusammen mit Marianne Zaugg und Pfarrer Lorenz Schilt stellte Ruth Blaser darauf die verschiedenen Angebote der Rüderswiler Kirche vor. Während Marianne Zaugg über die Altersarbeit berichtete, stellte Lorenz Schilt in einem spannenden Diavortrag die Angebote für KUW-Schüler und für Betagte vor. Die Kirche bietet Raum für alle Menschen und lädt ein zum Mitmachen, betonte das Trio. So leistet die Kirche einen wichtigen Beitrag zum Leben und Einleben für Neuzuzüger in der Dorfgemeinschaft. Apropos Einladen: am Ende der Feier waren alle zu einem Apéro in der Pfrundscheune eingeladen. Da es sich um den ersten Gottesdienst dieser Art in Rüderswil handelte, gab es entsprechend viel zu berichten und zu «brattigen». In einem Punkt waren sich alle einig: die Begrüssungsfeier wirkte auf die Besucher sympathisch und einladend, sie machte «gluschtig», wie man im Emmental sagt. Heiter und freundlich wie an diesem schönen Maientag lud so die Kirche nicht nur die Neuzuzüger im Dorf zur Gemeinschaft im Christsein ein: herzlich willkommen in Rüderswil!

Kommentar: ein guter Anfang

Die Kirche lud die Neuzuzüger zur Begrüssung ein und leistete damit eine wichtige Ergänzung zum Neuzuzügerabend der Einwohnergemeinde. Gewiss, nur wenige Neuzuzüger fanden den Weg in die Kirche, sicher auch weil ein blühender Frühlingstag ins Freie lockte. Es kamen aber auch bekannte Gesichter und Besucher aus den umliegenden Gemeinden. Das ist ermutigend, zeigt es doch, dass das Interesse am Leben der Kirche und am Glauben vorhanden ist. Wie die Landwirte unter der Woche auf den Feldern, so hat auch die Kirche Rüderswil an diesem Sonntag gesät. Wir dürfen auf eine gute Ernte hoffen.

Heiraten wie zu Gotthelfs Zeiten

Keine andere Feier kennt soviele Bräuche, Traditionen und Regeln wie das Hochzeitsfest. Das war früher nicht anders, unsere Vorfahren legten sogar noch mehr Wert auf deren Beachtung. Zuviel Übermut beim Feiern konnte aber auch vor dem Chorgericht enden! Wir blenden zurück und stellen einige alte und vergessene Hochzeitsbräuche und Rituale vor.

Zuerst sah man die beiden mehr als einmal zusammen am Tanzsonntag, dann hiess es, der Gerber Hans sei bald jede Woche nahe bei der Grossmatt gesehen worden. Und zuletzt verbreitet sich das Gerücht, demselben hätten am Samstag Abend ein paar Nachtbuben aufgelauert. Allein der Hans sei schlauer gewesen, hätte einen Umweg genommen und sei dank dieser List nicht die nächtliche Falle getrappet! Und nun war es also gewiss, dass aus den beiden, aus Grossmatt’s Annalies und Gerber Hans ein Paar wird. Schliesslich seien die Eltern der beiden mehrmals zusammengekommen. Und das hat etwas zu bedeuten!

In früheren Jahrhunderten war das Heiraten ein Ereignis, das die ganze Familie etwas anging. Verhandelt werden musste etwa, was den beiden in die Ehe mitgegeben werden soll, was die Braut als Morgengabe erhielt und was der Braut zum Trossel gespendet wird. Oder wie der Hausstand des jungen Paares organisiert werden soll. Das mag in unseren Ohren wenig romantisch klingen. Aber noch im 19. Jahrhundert war Heiraten Familiensache. Besonders auf dem Lande. Manche Ehe war mehr auf Familieninteressen denn auf Liebe gegründet. Aber eben nicht alle. Liebe ist die stärkste Macht auf Erden. Und so erfahren wir aus vielen alten Geschichten und Überlieferungen, dass junge Liebespaare ihre eigenen Wege gingen. Etwa in der schönen Überlieferung von der Tochter des Signauer Bärenwirtes. Sie verschmähte gegen allen väterlichen Willen den hochnäsigen Junker Ernest und wagte sich sogar mitten in das Kampfgeschehen von 1798 im Grauholz, um ihren Geliebten zu retten. Oder in Gotthelfs handfester Erzählung von Michels Brautschau. Diesem passieren auf der Suche nach einer geeigneten Partnerin die unmöglichsten Missgeschicke. Hätte er auf nur den Rat seiner Kindermutter gehört, es wäre ihm einiges erspart geblieben!

Viele alte Hochzeitsbräuche sind heute verschwunden oder nur noch in Bruchstücken erhalten. In Gotthelfs Meisterwerk «Geld und Geist» will Resli Annemarei als Ehepfand seine Taschenuhr geben. Diese lehnt jedoch ab, das sei viel zu auffällig. Also tauschen die beiden einen Berner Batzen. Diesen kann Annemarei in der Hand halten und ansehen, wann immer es will, ohne dass jemand etwas ahnt. Diese Anekdote mag seine Wurzeln im alten Ehepfand oder Ehepfennig haben. Das Ehepfand war kein gewöhnliches Geschenk, es war rechtlich bindend und somit von grosser Bedeutung. Ehepfänder waren von verschienster Art, neben Münzen und Silberringen sind auch Nasenlumpen und andere Dinge bezeugt. 1743 soll in Herzogenbuchsee ein Mädchen nur eine Baumnuss als Ehepfand erhalten und wurde deswegen ausgezäpfelt. Wir wissen auch, welche Ehepfänder im Haslital Sitte waren: die angehende Braut erhielt vom Bräutigam ein Brusttuch und überreichte dem Auserwählten im Gegenzug einen breiten Ledergürtel.

In Brienz und Umgebung gab es die «Chränzlete». Dabei wurden von der Hochzeitsgesellschaft am Abend vor der Trauung Kränze aus Zypressen, Nelken und Rosmarin geflochten. Die Aufgabe des Bräutigams war es, mit einem weissem Schurz die Gäste zu bewirten. Zum Höhepunkt der Feier gehörte der Moment, bei dem der Bräutigam seiner Braut den Kranz vom Kopf nahm. Ein Zeichen dafür, dass sie von den Ledigen in die Gemeinde der Ehefrauen übertritt. Apropos Bräutigam: schon im 19. Jahrhundert war es Usus, dass sich die Ledigen vor der Hochzeit im Wirtshaus zum Singen und Tanzen trafen. Den «Polterabend» gab es also schon damals. Gesungen wurde auch nach der Hochzeit, wenn die frisch Vermählten auf dem Heimweg waren. Dabei gaben ihnen Mädchen und Burschen mit Musik und Gesang das Geleit zum Brautbett. Allerdings war dieser Brauch verpönt. 1754 wurden drei Jugendliche vor dem Chorgericht mit je 10 Schillingen Busse bestraft, weil sie an einem Niedersinget teilnahmen und 1810 wurde der Brauch polizeilich verboten. Auch Jeremias Gotthelf fand keinen Gefallen daran. 1824 bezeichnete er als Vikar von Utzenstorf den Niedersinget als «einen der verderblichsten Missbräuche». Aber auch der überaus schlicht und unschuldig wirkende Brautkranz war ein Reizthema, durfte er doch nur von Jungfrauen getragen werden. Hochzeiterinnen, die schon Kinder hatten oder schwanger waren, mussten sich mit einem Strohkranz begnügen.

Noch heute werden im Emmental am Vorabend der Hochzeit Böllerschüsse abgefeuert. Was aber kaum jemand mehr weiss: schon in alten Zeiten wurde vor der Hochzeit zuerst mit Trychlen, später mit Feuerwaffen tüchtig Lärm gemacht. Damit sollte drohendes Unheil vom Brautpaar ferngehalten werden. In Meiringen fand dieser Brauch gar Eingang in die Kirche! Dort machten die ledigen Burschen durch Stampfen mit genagelten Schuhen einen ohrenbetäubenden Krach, nachdem der Pfarrer die Brautleute verkündet hatte.

Manche Bräuche gehen vergessen, andere wandeln sich und bleiben so erhalten. Wieder andere entstehen ganz neu, wie etwa das Fahren der Brautleute mit eleganten Sportwagen oder Oldtimern. Über alle Zeiten erhalten hat sich das Spalierstehen, das eine festliche Ehrbezeugung für das Brautpaar ist. Mit liebevoll geflochtenen Bögen aus Blumen und Bändern wird dem Jungen Paar der Weg in das gemeinsame Leben geebnet. Die Geste ist aber auch ein Zeichen dafür, dass das Paar auf seinem Weg nicht alleine ist. Ein schöner Brauch also!

Kehren wir noch einmal zu Gotthelf zurück. Die Erzählungen des grossen Volksdichters berichten auch von den verschiedensten Gewohnheiten und Bräuchen aus vergangenen Jahrhunderten. Im letzten Kapitel von «Uli der Knecht» gewährt Gotthelf dem Leser den Einblick in eine kirchliche Trauung seiner Zeit, in die von Vreneli und Uli. Mitten in der Nacht fahren die beiden mit dem Wagen los, denn der Weg zu Ulis Heimatgemeinde ist weit. Unterwegs beobachten Sie einen Schwarm Tauben, von denen zwei ganz weiss waren und direkt auf sie zuflogen. Das Paar deutete dies als ein gutes Omen. So kamen sie nach Ufligen und bald waren die hellen Kirchenglocken zu hören, die das Paar zur Hochzeit riefen: «Uli fasste sein Vreneli bei der Hand und wanderte mit ihm der Kirche zu. Feierlich tönten die feierlichen Klänge im Herzen wieder, denn der Siegrist läutete ordentlich die Glocken (…)» In der Kirche trafen die beiden eine Taufgesellschaft an, auch dies wurde aus gutes Zeichen gedeutet. Und dann war der grosse Moment da, der Pfarrer trat hinter dem Taufstein hervor, das Hochzeitspaar gab sich die Hände und knieete nieder: «und von ganzer Seele, ganzem Gemüte und allen Kräften beteten und gelobten sie, was die Worte sie hiessen (…).»

So berichtet Jeremias Gotthelf von einer alten Trauzeremonie. Und er vergisst nicht, auch die Gefühle des Paares zu beschreiben, als es nach der Trauung die Kirche verlässt, um Hand in Hand einem neuen, gemeinsamen Leben entgegen zu gehen: «es war einem jeden, als hätte es einen grossen Schatz gewonnen für’s ganze Leben.»