Herbstwald

Felder und Weiden sind noch grün, leuchten in milden Farben unter dem tiefblauen Spätsommerhimmel; noch sind die Tage hell und warm, noch erstrahlt die Welt voller Freude im Sommerlicht unter einer goldenen Sonne. Nur in den Kronen der Bäume am Waldrand sind die ersten Zeichen des nahenden Herbstes zu sehen. Rot, gelb und braun färben sich die Blätter, bevor der Wind sie davonträgt und sie für einen Moment durch den Himmel schweben, ein frischer Herbstwind mit ihnen spielt, bis sie endlich auf dem Erdreich liegen bleiben. Die Melancholie des nahenden Herbstes ist überall spürbar, doch noch ist es hell, noch ist das Konzert der Waldbewohner zu hören, noch einmal dreht sich die Erde um das Wunder eines milden Sommertages.

Ich gehe in den Wald hinein, tiefer und tiefer. Bald ist rings um mich her alles grün, die Schönheit und der tiefe Frieden der Waldwelt gibt Weite und Raum. Zwischen den Bäumen gibt es viele Wunder zu entdecken. Da der Keimling einer Tanne, der sich hinter einem grossen Farnkraut verbirgt, seine jungen, zärten Ästchen suchen das Sonnenlicht und breiten ihre Zweige aus wie ein junger Vogel seine Flügel, bevor er sich das erste Mal in die Lüfte erhebt. Dort eine Gruppe von Pilzen, die sich im Unterholz verstecken. Und dann finde ich einen dicht bemoosten Platz, der von jungen, tiefgrünen Tannen umgrenzt ist. An einer Stelle ist eine Lücke offen geblieben, ein schmaler Pfad führt hindurch an einen Ort, der durch die vielen Äste nicht mehr zu sehen ist, in das Verborgene, Geheimnissvolle führt. Plötzlich ist alle Geschäftigkeit des Tages in weite Ferne gerückt und es ist, als öffne sich das Tor in ein Zauberreich, in eine Welt der Wunder und Träume, in der alles möglich ist, in der bedeutungslos wird, was uns im Getriebe des Tages wichtig erscheint.

Wer möchte nicht einen Schritt tun durch dieses Tor oder wenigstens für einen Moment die Hand ausstrecken, um nur das kleinste Wunder aus dieser Welt zu sehen oder zu fühlen. Und wenn ich mich dann wende um den Weg weiterzugehen, dann lebt in den Gedanken der Blick in die Zauberwelt fort, einen Moment wenigstens.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert