Archiv für den Monat: Dezember 2005

Zum neuen Jahr

Liebe Freunde

Heute Morgen ging ich nach draussen, weil ich sehen wollte wie es ist, wenn die Wintersonne über dem frisch gefallenen Schnee aufgeht. Es war bitterkalt, aber doch wunderschön, als die ersten Sonnenstrahlen das ganze Land in ein helles, glitzerndes Licht verwandelten. Und dann, dann wurde es so hell, dass die Grenze zwischen dem Horizont und dem Himmel nicht mehr zu sehen war. Mir war, als sei ich Zeuge eines grossen, einzigartigen Wunders.

Ich wünsche Euch viele solcher lichten Momente im neuen Jahr, aber auch Gesundheit, Glück und allzeit Freude. Und ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen im 2006.

Herzlich grüsst Euch
Benjamin

Spuren im Schnee

Unser Leben gleicht einem Wege, auf den frischer Schnee gefallen ist. So wie hier durch Schritte und Wagenräder Spuren entstehen, so hinterlässt ein jedes Erlebnis Eindrücke in unserem Dasein. Doch während frischer Schnee alle Spuren überdeckt, bleiben uns alle Eindrücke und Empfindungen treu, so lange unser Leben besteht.

Jodler am Wegrand


(Bild anklicken für Vergrösserung)

Mit einer originellen Idee machen die Jodler aus Luterbach auf ihren Unterhaltungsabend aufmerksam: Bei den Zufahrten zum Dorf stehen lebensgrosse «Jodlermanne», die trotz der grimmigen Kälte ein freundliches Gesicht machen und mit einer beschrifteten Treichel den bevorstehenden Jodlerabend ankünden.

Im Christmonet

Wenn die längschte Nächt regiere, wenn der Schnee e winterlichi Dechi über z’Land leit, wenn Tier u Mönsch Schutz vor der Chelti sueche, wenn d’Sunne vor der Winterwändi steit, de cha Wiehnacht nümme wyt si. Lue die vile Liechterchettine, die schön gschmückte Grotzli vor de Hüser mit ihrem hälle Glanz i der Nacht, all dä Schmuck und die vile Cherzli wo lüchte wenn es finschter wird. Ja, es brönnt es Liecht i der Nacht, es Zeiche für Hoffnig und Zueversicht. O wenn es dunkel wird, so brönnt doch es Liecht.

Wiehnachte, z’Fescht vor Hoffnig u Liebi. D’Nacht, wo dä gebore isch wo gseit het: Angschtet nid, denn i ha der Tod bodiget, i bi z’ewige Liecht, i bi d’Liebi vo nie verlöscht so wien es Cherzli. Und es Cherzli cha ja nume brönne, wenn es sich sälber verzehrt, mis Liecht aber isch ewig und kei Finschternis cha’s je ane Hälslig nä.

U wo dä Ma gebore isch, si drei Chünige em Stärn gfolgt. Mir folge däm Stärn will mir wüsse, dass e Chünig gebore isch, grösser als mir, grösser o als der Herodes, ja grösser gar als der Augustus, der mächtig Cheiser z’Rom nide. Wo du die Chünige z’Chind i der Chrippe gfunde hei, si si uf d’Chnöi, hei bättet und ihri schön zwäggmachte Gschänk vor z’Chindli gleit: Dis Rich wird gross si und keis Änd näh. Wenn mir einisch nümme da si und nume no i alte Gschichte läbe, so wirsch du no immer i de Härze vo üs Mönsche si.

O hüt no möche mir Gschänkli a Wiehnachte, grad so wie die drei Chünige vor der Chrippe. Aber dä Ma, wo i däm armselige Stall gebore isch, möcht üs o öppis schänke, mir chöis nacheläse i der guete Nachricht vom Johannes (11,25): I bi d’Uferstehig und z’Läbe. Wär a mi gloubt, dä wird läbe, o wenn er stirbt. Und wär läbt u a mi gloubt, dä wird nie me stärbe.

Säg, gloubsch Du das?

Tag der offenen Tür in Herzogenbuchsee

Schon am Morgen herrschte im Zentrum von Herzogenbuchsee ein emsiges Treiben: Stände wurden aufgestellt, Waren herbeigeschafft, Plätze und Auslagen hübsch hergerichtet und die benötigten Gerätschaften auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft. Und immer wendete sich der Blick nach oben: Wird das Wetter wohl halten? Ja, es hielt und die Besucher aus dem Dorf und den umliegenden Gemeinden kamen in grosser Zahl zum Tag der offenen Tür und staunten ob dem reichhaltigen Angebot der Gewerbetreibenden und Vereine: An vielen Ständen wurden warme Speisen oder Süssigkeiten angeboten, am nächsten Stand präsentierten Kunsthandwerkerinnen auf einem schön geschmückten Tisch ihre Erzeugnisse und an einem dritten Stand informierte eine Partei oder ein Verband über sein Schaffen.

Auf dem Sonnenplatz, dem Zentrum des Dorfes, reihte sich Stand an Stand, kleine Tische zwischen den Ständen boten eine willkommene Gelegenheit, zu verweilen oder mit Bekannten und Freunden ein paar Worte zu wechseln oder etwas zu «dampen», wie man hier auch sagt. Kurz: Der Tag der offenen Tür bietet eine günstige Gelegenheit für ein spontanes Treffen, für ein Wiedersehen oder für ein gemütliches «Brichten». Viele machten davon Gebrauch, denn in den frühen Nachmittagsstunden gab es auf dem Sonnenplatz fast kein Durchkommen mehr. Spontane musikalische Darbietungen bereicherten das Programm. Unter anderem war auch der bekannte Alphornbläser Max Sommer zu hören.


Weihnachtliches Herzogenbuchsee

«Heissi Maroni, Maroni ganz heiss!» So tönte es von der einen Seite des Platzes und im nächsten Moment war von der gegenüberliegenden Seite das Echo zu vernehmen: «Heisse Öpfuchüechli ganz früsch!» Damit sind wir bei den Ständen des CEVI und des Jodlerklub Herzogenbuchsee angekommen. Hier sind es chüschtige Öpfuchüechli und frische Berliner die den Passanten angeboten werden. Dort sind feine Maroni zu haben. Es wäre vielleicht gar nicht nötig gewesen, die guten Sachen anzupreisen, denn die Besucher griffen eifrig zu und noch vor vier Uhr waren die Berliner ausverkauft!

Nun hiess es: «Hurti Öpfuchüechli mache», denn bereits bildete sich eine Schlange am Stand der Jodler. Wer wollte, konnte sich die Wartezeit mit einem heissen Tee verkürzen, der in eigens dafür besorgten Tassen ausgeschenkt wurde. Aber was hat es mit dem Zusatz “Mit wärmendem Tropfen” auf sich? «Öppe es Schnäpsli?» Nein, aber ein Schluck Rotwein, der dem Wintertee eine besondere Würze gibt.

Die Stunden vergingen wie im Fluge und schon begann es zu dämmern. Doch noch immer war der Dorfkern rege besucht, und auch als es zu regnen begann, herrschte auf den Plätzen und vor den Ständen ein fröhliches Treiben. Erst als es vollends dunkelte, wurde an den Heimweg gedacht. «E gfellige Tag!» war hier und dort zu hören. Auch Peter, unser Präsident, schloss sich diesem Urteil an: «E Chrampf, aber e schöni Sach!» war sein Urteil, dem sich sicher alle gerne anschliessen.

Für uns Jodler war der Tag der offenen Tür 2005 ein Erfolg, an den wir gerne zurückdenken werden. Viele haben am Gelingen Anteil, ihnen sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt.

Weihnachten in der klassischen Literatur

Hinweis (November 2010): Die berühmte Geschichte «Wi der Zwölfischlegel Wienecht gfyret het» von Simon Gfeller gibt es neu in einem illustrierten Band, der beide Fassungen (Berndeutsch/Deutsch) enthält. Erhältlich ist das Buch in verschiedenen Onlineshops (z.B. buchhaus.ch) oder in jeder Buchhandlung.

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Nun ist sie wieder da, die Zeit der langen Nächte, Feld und Wiesen tragen ihr winterliches Gewand, ein kalter Wind weht die letzten, dürren Blätter von den Bäumen und der nächtliche Frost verhüllt mit seiner eisigen Hand alles unter einer weissen Decke. Das alte Jahr neigt sich seinem Ende entgegen, bald wird es wieder Weihnachten sein. Weihnachten, was gibt es doch alles über dieses besondere Fest zu berichten?

Weihnachten, das ist nicht nur das Fest der Hoffnung und der stillen Freude, es ist auch – für viele – eine Zeit der Geschäftigkeit. Wie schön ist es da, wenn auch etwas Zeit für Besinnung und innere Einkehr bleibt. Ich habe die freien Stunden vor Weihnachten oft genutzt, um eine schöne Weihnachtsgeschichte zu lesen. Als ich das erste Mal in eine Buchhandlung ging, um ein Buch mit einer Weihnachtsgeschichte zu erwerben, staunte ich. Stand ich doch vor einem grossen, festlich geschmückten Tisch, auf dem all die Kleinode ausgebreitet waren. Schön verarbeitete Geschichtensammlungen, kleine, zierliche Gedichtbände, Bilderbücher für Kinder (Kleine und Grosse), Hörbücher und bibliophile Werke mit den Klassikern.

Das erste Buch, das ich mit nach Hause brachte hiess «Weihnachtszeit, Texte aus der Weltliteratur» aus dem Manesse Verlag. Ich habe den Kauf nie bereut, fand ich doch in diesem Buch eine Erzählung, die es mir besonders angetan hat, ja die ich immer wieder mit Freude lese. Sie heisst «Nussknacker und Mausekönig», der Verfasser ist E.T.A. Hoffmann, der bekannte deutsche Dichter aus dem 19. Jh. Wenn wir die erste Seite aufschlagen, begeben wir uns auf eine Reise in das frühe 19. Jahrhundert, in das Haus des Medizinalrats Stahlbaum, kurz vor Weihnachten. Natürlich sind die Kinder Fritz und Marie aufgeregt, können das bevorstehende Fest kaum erwarten und rätseln darüber, was ihnen wohl herrliches einbeschert werden wird. Die Geschichte ist so lebendig und einfühlsam verfasst, dass wir die hellen, erwartungsvollen Augen der Kinder bildlich vor uns sehen.

Und dann passiert es: Durch ein Missgeschick fällt Marie zu Boden und wird bewusstlos. Von nun an werden Wirklichkeit, Traum und eine Märchenwelt, die in einem Kinderherzen erwächst und gerade deshalb so schön ist, wunderbar ineinander verwoben. Uns begegnet die bekannte Figur des Nussknackers, der all seine späteren Erscheinungen der Bild- und Tonkunst dieser Geschichte verdankt. Um ihn vor dem bösen, gefrässigen Mausekönig zu retten, bringt Marie grosse Opfer, wird zuletzt aber reich dafür belohnt. Vermöge ihrer Hilfe besiegt Nussknacker den Wüterich und bedankt sich bei seiner Demoiselle dadurch, dass er ihr sein Reich zeigt, eine Welt voll der schönsten Kostbarkeiten und Wunder. Am Ende der Geschichte wacht Marie auf, glaubt sich noch in der zaubrischen Welt des Nussknackers und findet nur allmählich ihren Weg zurück in die Wirklichkeit.

Von ganz anderer Gestalt sind die vier Bände der Berner Mundartdichterin Elisabeth Müller. Jeder der Bände hat einen eigenen Titel, nummeriert sind sie nicht mit Zahlen sondern viel passender mit Kerzensymbolen. Auf der Rückseite aller Bände ist der Ausschnitt einer Rezension aus dem Jahre 1933 zu lesen: «Bei Elisabeth Müllers Weihnachtsgeschichten ragt das Zeitlose, das Ewige in das Irdische, wie beim Kindlein im Stall.»

In allen Geschichten begegnen wir den verschiedensten Menschen mit allen ihren Sorgen, Nöten, aber auch Freuden und Hoffnungen. Da ist eine ältere Frau, die freudlos und verbittert ihr armseliges Leben fristet. Die Tochter des Arztes hat Mitleid und möchte ihr mit einem kleinen Geschenk zu Weihnachten eine Freude machen, wird aber schroff abgewiesen. Doch dann geschieht das Weihnachtswunder: Die Alte erleidet einen Unfall und wird im Haus des Arztes untergebracht. Als sie gebeten wird, das Kleinkind für eine Moment zu gaumen, bricht sie in Tränen aus und alle Dämme der während vieler Jahre aufgestauten Verbitterung brechen in der Christnacht entzwei. Die arme Seele litt ein Leben lang darunter, den Tod eines Kindes verschuldet zu haben und sieht in der Geste der Doktorsfrau die Bestätigung, dass Gott ihr vergeben hat.


Gibt es noch mehr Weihnachtsgeschichten in schweizerdeutscher Sprache? Oh ja, viele sogar! Ich will hier aber nur noch auf zwei hinweisen, wobei letztere nur in Teilen Mundart enthält. Die erste stammt aus der Feder von Simon Gfeller und heisst «Wi der Zwölfischlegel Wienecht gfyret het» oder in der deutschen Fassung «Zwölfischlägels Weihnachtsfeier». Zwölfischlegel ist der Name des Titelhelden dieser Erzählung, eines armen, verlassenen Landstreichers, der am Beginn der Geschichte in einer wenig erfreulichen Lage ist. Seine Magen ist so leer wie seine Schnapsflasche und seine schäbigen Kleider bieten nur wenig Schutz vor der eisigen Kälte und dem Schneewind, der ihm in’s Gesicht bläst. Auf einem stattlichen Bauerngut findet er Unterschlupf und da die Kinder es wünschen, wird er zur Weihnachtsfeier in die Stube eingeladen. Die nun folgende Weihnachtsfeier hinterlässt bei Zwölfischlägel einen tiefen Eindruck. Wie anders könnte man erklären, dass er ein kleines Geschenk bis zu seinem Tode bei sich behält und auch in seiner letzten Stunde nicht hergeben will?

Die zweite Geschichte stammt von Jermias Gotthelf höchstpersönlich, ihr Titel ist etwas lang geraten: «Merkwürdige Reden, gehört zu Krebsligen zwischen zwölf und ein Uhr in der Heiligen Nacht». Gotthelf macht hier eine alte Sage zum Thema, derzufolge die Tiere in der heiligen Nacht während einer Stunde sprechen können. Der Dichter führt uns in den Stall einer Herberge, wo wir den Pferden, Hunden und anderen Tieren lauschen können. Und was haben sie zu sagen? Nichts schmeichelhaftes, solange es um ihre Besitzer und um die Stallknechte geht. Nun macht Gotthelf auf die Missstände bei der Tierhaltung aufmerksam. Er hat ein Herz für diese Geschöpfe und weiss, dass derjenige, der ein Tier plagt, auch beim Mitmenschen nicht Halt machen wird! Mächtig und kraftvoll, aber auch geistreich und schalkhaft erhebt sich die Stimme des Pfarrers um in den hoffnungsvollen Strophen eines Gedichtes zu gipfeln: «Friede sei in dieser Stunde Mit der Tiere grossem Bunde!».

Ich muss nun noch einmal zur deutschen Sprache zurückkehren. Eingangs erwähnte ich das Buch aus dem Manesse Verlag. Irgendwann hatte ich alle darin enthaltenen Geschichten gelesen, einige davon mehrmals. Ob es wohl noch mehr Manesse-Bände zu diesem Thema gibt? Ja, es gibt sie! Zumindest einen mit dem Titel «Weihnachten, Prosa aus der Weltliteratur». Darin finden sich Texte von Adalbert Stifter, Theodor Storm, Maxim Gorki und vielen anderen, darunter auch Hans Christian Andersen. Ergänzt wird der Band mit der Weihnachtsgeschichte nach Lukas und Matthäus, sowie mit 10 Farbtafeln aus der Kathedrale von Chartres.